Der Beginn eines neuen Kapitels.
Der Zusammenschluss 1998.
1998 ist das vielleicht wichtigste Jahr der Unternehmensgeschichte. In diesem Jahr werden die bis dahin getrennten Standorte Crailsheim und Göppingen in einem großen, gemeinsamen Kraftakt zusammengelegt und das gesamte Unternehmen neu strukturiert. Bis zu diesem Zeitpunkt führten die Standorte innerhalb der Firmenfamilie eine Art brüderliche Rivalität, die über Jahrzehnte Normalität ist bei LEONHARD WEISS. Doch von vorne.
Die Geschichte des Standorts in Crailsheim beginnt mit Firmengründer Leonhard Weiß selbst. Als dieser sich Ender der 1920er nach neuen Geschäftsfeldern außerhalb Göppingens umschaut, fällt sein Blick auf die Region Hohenlohe, wo damals ein neuer Rangierbahnhof gebaut wird – das „Drehkreuz zum Osten“. Leonhard Weiß fasst während der Arbeiten in Crailsheim Fuß und beschließt, dort eine Filiale aufzubauen, um die Marktbereiche in Nordost-Württemberg und Bayern zu erschließen.
Die Umsetzung seiner Pläne erlebt Leonhard Weiß nicht mehr. Nach seinem Tod kümmern sich Schwiegersohn Werner Schmidt sen. und die Witwe Ottilie Weiß um den Aufbau des neuen Unternehmensstandorts. Als dann Sohn Walter Weiss 1945 aus dem Krieg heimkehrt, ist die Regelung der Firmennachfolge kompliziert. Als Lösung entwickelt sich langfristig die Teilung der Familien-Linien auf die beiden Standorte: Werner Schmidt sen. kümmert sich um den Standort Crailsheim und Walter Weiss um die Geschäfte in Göppingen.
Als Mitte der Sechzigerjahre mit Werner Schmidt-Weiss und Ulrich Weiss die nächste Generation ins Unternehmen eintritt, verfestigt sich diese Teilung. Zwischen den Standorten und Cousins entsteht eine Rivalität, die jedoch immer freundschaftlich und fair ist und die letztlich alle Beteiligten dazu anspornt, immer besser zu werden.
Da waren zwei junge Bauingenieure, deren Großvater die Firma einst gegründet hat. Weil wir selbstständig waren, gab es einen gewissen Wettbewerb und das war gut so! Denn dadurch sind beide Niederlassungen immer stärker geworden.
Immer mal wieder kommt es jedoch vor, dass ein Kunde zwei Angebote von LEONHARD WEISS auf dem Tisch hat – eines aus Crailsheim und eines aus Göppingen. Am Ende sind es neben solchen paradoxen Situationen jedoch mehrere Entwicklungen, die zum Entschluss führen, dass es Zeit ist, die Teilung zu überwinden. Zum einen nimmt der Konzentrationsprozess in der Baubranche zu und es braucht vereinte Ressourcen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Zum anderen rücken die Niederlassungen durch das gemeinsam entwickelte Leitbild näher zusammen. Und letztlich wollen Ulrich Weiss und Werner Schmidt-Weiss eine gute Regelung für die Zukunft ihres Familienbetriebs finden.
Aus dem Entschluss wird ein konkreter Plan. Und dieser sieht eine komplette Neustrukturierung vor: Doppelte Geschäftsbereiche werden in Sparten zusammengeführt und zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte werden drei Geschäftsführer bestimmt, die nicht Gesellschafter sind. Dieter Straub ist für die Sparte Ingenieur- und Schlüsselfertigbau zuständig, Volker Krauß für den Straßen- und Netzbau und Wilhelm Wüst für die sogenannten Zentralen Dienste. Werner Schmidt-Weiss wird zum Vorsitzenden Geschäftsführer und Ulrich Weiss dessen Stellvertreter und zugleich Geschäftsführer Gleisbau.
Die Gesellschafter waren bei manchen Themen verständlicherweise emotionaler. Es kam vor, dass wir drei Fremdgeschäftsführer ab und zu rausgegangen sind und gewartet haben, dass man sich hinter verschlossenen Türen einigt, wie es weitergeht. Aber wir haben es gut gelöst und heute können wir uns glücklich schätzen, dass wir diesen Weg gegangen sind. Denn von da an ging es steil bergauf.
Was auch nach der Fusion bleibt, ist der Wille immer besser zu werden: Mit gebündelten Ressourcen, Motivation und Erfahrung geht das Familienunternehmen immer größere Projekte an. Ab 1998 verdoppelt sich der Umsatz alle zehn Jahre und steigt kontinuierlich von rund 300 Millionen im Jahr 1998 auf heute über 2 Milliarden. Die Belegschaft wächst mit: Heute beschäftigt LW über 7.500 Menschen. Das gemeinsame Leitbild und die starke Identifikation mit LEONHARD WEISS hält dabei alle zusammen – auch in den schwierigen Zeiten des Übergangs.
Als der Zusammenschluss zustande kam, ist mir ein Riesenstein vom Herzen gefallen. Wir waren unterschiedlich organisiert und es waren auch unterschiedliche Menschen. Wir in der Hohenlohe waren ein sehr ländlich strukturiertes Gebiet. Dagegen in Göppingen, da war Großindustrie, als Einzugsgebiet von Stuttgart. Dass wir zusammengefunden haben zu einer Firma, das war für mich der Höhepunkt.
Die erfolgreiche Entwicklung zeigt, dass 1998 zusammengeführt wurde, was schon immer zusammengehört hat. Das Ende der brüderlichen Rivalität der Standorte ist der Beginn eines neuen Kapitels der Erfolgsgeschichte von LEONHARD WEISS.