Historisches Porträt von Leonhard Weiß im Anzug mit Taschenuhr
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Die Baustelle ist sein zu Hause

Leonhard Weiß, 19.07.1880 – 23.02.1938. Die Geschichte von Leonhard Weiß beginnt in Haisterbach, in Hessen. Viel wichtiger jedoch als der geografische Standort der Geburt ist die Tatsache, dass zu Beginn seines Lebens ganz in der Nähe ein Bahnabschnitt gebaut wurde.

Leonhard Weiß kommt als Sohn eines reisenden Bauunternehmers zur Welt. Vater Johann Weiss, ursprünglich aus Coburg, ist mit seiner Familie in einer Art Marketenderwagen unterwegs, wie man sie aus dem Versorgungstross bei Militäreinsätzen kennt. Nur, dass der Planwagen der Familie Weiß Werkzeuge statt Verkaufsartikel mit sich führt und von Tagelöhnern begleitet wird, die auf den stetig voranrückenden Gleisbauarbeiten Arbeit suchen. Die Reise der Familie Weiß führt sie einmal quer durchs ganze Land, sogar bis nach Rügen. Es ist die Zeit des Eisenbahnbooms, eine große Aufbruchstimmung herrscht im Land. Allein zwischen 1870 und 1880 wird die Länge des Schienennetzes von 18.480 auf 33.707 Kilometer ausgebaut und verbindet nun Orte, die zuvor nur schwer erreichbar waren. Es ist der Beginn der modernen Mobilität – und mittendrin der kleine Leonhard Weiß.

Er und seine zwei Geschwister werden an den unterschiedlichsten Orten geboren und getauft, gehen mal zur Schule und wechseln sie dann wieder. Eine tiefe Verbindung zu ihrem Geburtsort haben sie nicht. So wird Leonhard Weiß auch niemals den hessischen Dialekt oder irgendeinen anderen annehmen. Sein wahres Zuhause ist von Anfang an die Baustelle.

Dort herrschen eigene Regeln. Seine frühesten Kindheitserinnerungen sind die an harte körperliche Arbeit, an riesige Dampflokomotiven, die monstergleich dichten Qualm ausspeien. Aber auch an Zusammenhalt unter Kameraden, der mehr wiegt als Herkunft oder Namen. Für seinen Vater zählen Werte wie Fleiß und Zuverlässigkeit. All das prägt Leonhard Weiß und vor allem wird er sein Leben lang eine tiefe Verbindung zur Eisenbahn behalten, an deren Gleisbett er großgeworden ist.

Um 1895 besucht Leonhard Weiß die Realschule in Würzburg und absolviert später eine Ausbildung zum Bauingenieur. 1898 tritt er als Freiwilliger bei der Eisenbahnpioniertruppe ein. Im Jahr 1900 schließlich bekommt er den Zuschlag für ein größeres Projekt und wagt so den Schritt in die Selbstständigkeit. In Göppingen schlägt er dann schließlich Wurzeln. Nach der Hochzeit mit Ottilie Streicher wird die Stadt das zu Hause für seine Familie und Sitz seiner jungen Baufirma. Diese führt er erfolgreich, trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage nach dem Ersten Weltkrieg und vielen Rückschlägen, bis er im Jahr 1938 überraschend an einem Herzschlag stirbt.

Leonhard Weiß war ein herzlicher Mensch, bekannt für seinen rauen Humor und seine direkte Art. Ein leidenschaftlicher Unternehmer, der nie ein Blatt vor den Mund nahm. Mit seinem Tod endet eine Ära in der Firmengeschichte. Und doch lebt der Gründer in gewisser Weise fort. Nicht nur im Firmennamen, sondern auch in jedem Handschlag, der ein verlässliches Versprechen bedeutet. In einem von Wertschätzung und Kameradschaft getragenen Betriebsklima. Und nicht zuletzt in der Freude an der Arbeit auf dem Bau. Denn da ist LEONHARD WEISS zu Hause, seit 125 Jahren.